Liebe Leserinnen und Leser,
pünktlich zu Nikolaus kommt Newsletter Nummer 5! Da der nächste Newsletter auf die Weihnachtstage fallen würde, wird dieser der letzte Newsletter für dieses Jahr. Im neuen Jahr geht es dann weiter!
Die Themen im Überblick:
- Schuldenregeln in der Eurozone
- Jobgarantie als Allheilmittel für den Arbeitsmarkt?
- QE = Geld in die Wirtschaft pumpen?
- Termine bis Weihnachten
- Neuer Artikel zum Ende der schwarzen Null, zu grüner Geldpolitik, zum Kürzungshammer der Schuldenbremse und ein wirklich sehr gelungener Einführungsartikel von Perspective Daily: „Der Staat braucht Dein Geld nicht. Du brauchst seins.“
- Aus dem Archiv: Warum wir eine Jobgarantie brauchen
Auf der Website findet Ihr jetzt hier außerdem eine Sektion mit Podcasts und Videos. Schaut mal rein!
Viel Spaß mit dem Newsletter. Dazu eine schöne Weihnachtszeit und einen guten Übergang in das neue Jahr. Und vor allem: bleibt gesund! 🙂
Herzlich,
Maurice und Dirk
PS: Wenn Euch der Newsletter gefällt, empfehlt ihn weiter! 🙂
Schuldenregeln in der Eurozone
In einer Kolumne im Handelsblatt vom 27. November schreibt Tom Krebs über die Reform der Schuldenregeln in der Eurozone. Damit stößt er eine überfällige Diskussion an. Die Defizitgrenzen der Eurozone sind wohl der Hauptgrund für die schlechte Performance. Sowohl das Inflationsziel wie auch das Ziel der Vollbeschäftigung werden ständig verfehlt. Allerdings bewegt sich Krebs in die falsche Richtung: „Der Konflikt erfordert eine europäische Fiskalregel, die den Verschuldungsgrad einschränkt“. Zu niedrige Staatsausgaben und damit tendenziell zu niedriger Staatsverschuldung ist ein Problem, an dem die Eurozone von Beginn an krankt. Die Arbeitslosenquote fiel nie unter 7 Prozent, was wirtschaftspolitisch inakzeptabel ist.
Auch der britische Economist schreibt gegen die Fiskalregeln an. Hier wird geraten, die Defizitregeln auszusetzen, solange die Arbeitslosigkeit über 6 Prozent liegt. 2018 schrieb Dirk in einem Artikel im Deutschlandfunk Kultur: „So, wie die EZB ein Inflationsziel hat, könnte den nationalen Regierungen ein Beschäftigungsziel mitgegeben werden. Beispielsweise könnten sie angewiesen werden, die Ausgaben solange zu erhöhen, bis die Arbeitslosigkeit bei unter fünf Prozent liegt. Der Stabilitäts- und Wachstumspakt wäre solange auszusetzen, wie die Arbeitslosigkeit bei über fünf Prozent liegt.“.
Natürlich ist das weit weg von einer Jobgarantie, allerdings wird so die Diskussion grundlegend verändert. Sie geht weg von Fiskalregeln und Defizitgrenzen und hin zu der Frage, wie viel Arbeitslosigkeit akzeptabel ist. 5 Prozent sind es sicherlich nicht – auch, wenn das besser ist als der Status quo. Immerhin gerät so die Vollbeschäftigung wieder in das Visier der Debatte. Das ist zu begrüßen. Ebenso wird zugegeben, dass der Staat mit seinen Ausgaben für mehr Beschäftigung sorgen kann. Um diese Verantwortung haben sich Regierungen jahrzehntelang gedrückt. Insofern ist diese Debatte ein Silberstreif am Horizont. Vielleicht erleben wir ja tatsächlich einen Paradigmenwandel, der im Ende der Schwarzen Null gipfelt?
Jobgarantie als Allheilmittel für den Arbeitsmarkt?
Ihr habt uns gebeten den Artikel „Mit staatlicher Jobgarantie aus der Arbeitslosigkeit und in den Green New Deal?“ von der sehr geschätzten Kollegin, Friederike Spiecker, aufzugreifen. Sie schreibt etwa: „Den JG-Befürwortern genügt es offenbar, für den Fall des Absturzes der Privatwirtschaft ein staatliches Sicherungsnetz zur Hand zu haben, das in ihrer Vorstellung niemals überlastet sein kann, weil seine Finanzierung unbegrenzt möglich sei.“. Das ist so nicht korrekt.
Die Jobgarantie ist kein Ersatz für nachfrageorientierte Lohnpolitik, für vernünftige Regulierung des Arbeitsmarktes, für expansive Fiskalpolitik oder für mutige Industriepolitik. Außerdem sollte sie kein Ersatz für die reguläre Ausweitung des öffentlichen Sektors sein! Gerade die Industriepolitik und die Lohnpolitik entlang der goldenen Lohnregel erachtet Friederike Spiecker als wichtig. Hier stimmen wir völlig zu. Allerdings ist es unrealistisch, zu erwarten, dass der Privatsektor, der nach Profitmotiv und Solvenzerwägungen handelt, im Alleingang für dauerhafte Vollbeschäftigung sorgen kann – selbst wenn der Staat kräftig anschiebt und die Löhne nachfrageorientiert gesteigert werden. Üblicherweise kommt eine solche Wirtschaftspolitik bei den Personen, die – bildlich gesprochen – als letzte in der Schlange am Arbeitsamt stehen, nicht an. Diese Menschen werden im Aufschwung als letzte angestellt und beim Abschwung als erste wieder entlassen. Arbeitssuchende bleiben weiterhin abhängig davon, ob und wo der Privatsektor passende Arbeitsstellen anbietet. Genau hier setzt die Jobgarantie an. Sie ist daher viel mehr das letzte Puzzlestück, das es für eine konsequente Vollbeschäftigungspolitik und eine Verwirklichung des Rechts auf Arbeit braucht. Die Verwirklichung des Rechts auf Arbeit bleibt wird dann vom Profitmotiv des Privatsektors abgekoppelt. Letztlich haben wir die Wahl: Entweder wir garantieren Vollbeschäftigung oder wir garantieren, dass es unfreiwillige Arbeitslosigkeit geben wird. Dazu unterhalb aus dem Archiv: „Warum wir eine Jobgarantie brauchen“.
QE = Geld in die Wirtschaft pumpen?
Nein, nicht wirklich. Die Auffassung, dass die EZB mit ihren Anleihekäufen Geld in die Wirtschaft pumpt, ist falsch. Die Bilanz der Banken, denen die EZB die Anleihen abkauft, verändert sich netto nicht. Das Nettofinanzvermögen der Bank bleibt gleich. Sie tauscht einfach ein Wertpapier (Anleihe) gegen ein anderes (Zentralbankguthaben). Die Bank hält jetzt einfach nur einen Teil ihrer Vermögenswerte in anderer Form (siehe vereinfachte Bilanzierung unterhalb). Dass dabei Staatsanleihen nicht zur offiziellen Geldmengenstatistik gezählt werden, die Zentralbankguthaben aber schon, ist irreführend und nicht einsichtig. Von „Geld in die Wirtschaft pumpen“ kann keine Rede sein. Das erklärte Ziel der EZB ist die Beeinflussung der Anleihepreise und des Interbankenzinses, nicht die Vergrößerung der Geldmenge.
Ganz nebenbei reduziert die EZB mit dem Ankauf von Staatsanleihen allerdings de facto die Staatsschulden. Denn die linke Tasche des Staates (Zentralbank) erhält nun die Zins- und Tilgungszahlungen der rechten Tasche des Staates (Finanzminister). Die Einnahmen der EZB fließen am Ende an die Finanzministerien zurück.
Termine
Am 10.12 diskutiert Maurice bei der Monetative zum möglichen Gemeinsamkeiten von MMT und Vollgeld. Anmeldung: hier. Wer sich vorab einlesen möchte, dem sei der Makroskop Spotlight hierzu empfohlen.
Am 14.12 stellt Maurice bei der Gemeinwohl-Akademie Österreich sein Buch „Mythos Geldknappheit“ vor. Anmeldung: hier.
Am 16.12 spricht Maurice bei der Jugendorganisation Linkssolid zu den fiskalischen Lehren aus der Corona-Krise. Anmeldung: hier.