Mit ihrer Aufgabe ist sie überfordert und in der Öffentlichkeit wird sie häufig missverstanden – die Rede ist von der Geldpolitik der EZB.
Die europäische Wirtschaft steht schlecht da. Und das gewiss nicht erst seit dem Corona-Schock, sondern spätestens seit der Finanzkrise vor über 12 Jahren. Weil die fiskalischen Impulse zur Erholung der Wirtschaft ausbleiben, muss die Europäische Zentralbank (EZB) mit Nullzinspolitik und großangelegten Anleihekäufen in die Bresche springen.
Dabei stößt sie offensichtlich an ihre Grenzen, denn seit Jahren verfehlt sie ihr Inflationsziel von knapp unter 2%. Jetzt werden auch noch die Stimmen lauter, die der EZB den Kampf gegen den Klimawandel aufbürden wollen. Das Alles wird von der Öffentlichkeit nicht verstanden und von den Wirtschaftsjournalisten nicht erklärt – das Ergebnis ist allgemeine Konfusion.
Die EZB als technokratische Behörde
Die EZB ist eine öffentliche, aber technokratische Behörde mit einer klaren und eng definierten Aufgabenstellung. Sie soll mit ihrer Geldpolitik für Preisstabilität in der Eurozone sorgen – definiert als Inflation von knapp unter 2%. Alles, was die EZB in Sachen Geldpolitik macht, muss sie diesem Mandat unterordnen. Dabei darf sie die Geldpolitik allerdings eigenständig festlegen und umsetzen. Hier ist sie also unabhängig. Neben der Geldpolitik soll sie außerdem Großbanken beaufsichtigen und das reibungslose Funktionieren des Zahlungssystems verantworten.
Die Geldpolitik der EZB
Zur Geldpolitik gehört vor allem die Steuerung des Zinsniveaus, seit einigen Jahren aber immer prominenter auch die gezielte Beeinflussung von Preisen auf dem Kapitalmarkt mittels Anleihekaufprogramme (»Quantitative Easing«).
Bei der Zinssteuerung verfolgt die EZB ein sogenanntes Korridor-Modell. Hierzu legt sie drei Zinssätze fest: den Einlagezins, zu dem Banken Zentralbankguthaben bei der EZB parken können, den Hauptrefinanzierungszins (auch: »Leitzins«), zu dem Banken Zentralbankguthaben für eine Laufzeit von mindestens einer Woche gegen Sicherheiten leihen können, und den Spitzenrefinanzierungszins, zu dem Banken Zentralbankguthaben über Nacht gegen Sicherheiten leihen können.
Daneben gibt es einen sogenannten Interbankenzins. Das ist der Zins, zu dem die Banken sich untereinander Zentralbankguthaben leihen. Dieser liegt in der Regel zwischen dem Einlagezins und dem Spitzenrefinanzierungszins. Die beiden letztgenannten Zinssätze dienen somit als die Begrenzungen des Korridors, auf dem sich der Interbankenzins bewegt.
Als Schöpferin des Euros verfügt die EZB über theoretisch unbegrenzte Feuerkraft und kann alles kaufen, was in Euro zum Verkauf steht. Letzte Woche sah sich Lagarde nochmal berufen, diese Offensichtlichkeit zu bestätigen:
“Als einziger Emittent von auf Euro lautendem Zentralbankgeld wird das Eurosystem jederzeit in der Lage sein, bei Bedarf zusätzliche Liquidität zu generieren. Es wird also per Definition weder in Konkurs gehen noch wird ihm das Geld ausgehen.”
Diese Fähigkeit nutzt sie im Rahmen ihrer Anleihekaufprogramme, um Wertpapiere, insbesondere Staats- und Unternehmensanleihen, auf dem Kapitalmarkt zu kaufen. Wenn die EZB Anleihen kauft, treibt sie den Preis dieser Anleihen nach oben. […]
Autoren: Maurice Höfgen & Marcel Dimke
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