Die Corona-Krise offenbart die Unzulänglichkeiten der Eurozone. Die Aussetzung des Stabilitäts- und Wachstumspakts und die jüngsten Maßnahmen der Europäischen Zentralbank haben jedoch sämtliche Ketten gesprengt.
Abgesehen von technischen Beschränkungen, gibt es politische Regeln, die Regierungen daran hindern können, die – gerade in einer Krise – notwendigen Staatsausgaben vorzunehmen. Und in der Tat gibt es keinen anderen Währungsraum, in dem die Hände der Regierungen durch institutionelle Zwänge derart gebunden sind, wie in der Eurozone. Dieses einzigartige Experiment der Ausgabenbegrenzung ist bereits während der Großen Finanzkrise 2007/2008 gescheitert, da die Finanzmärkte den Fall Griechenland übersehen und die Bewertung der Staatsanleihen viel zu spät herabgesetzt hatten. In der Folge sorgten die fallenden Kurse von Staatsanleihen in den Krisenländern der Eurozone sowohl für hohe Zinsen als auch für Löcher in den Bankbilanzen.
Beides verschärfte die Krise, bevor die Austeritätspolitik die Staaten zu weiteren Kürzungen der Staatsausgaben zwang. Die Folge war eine schwache und divergierende Erholung. Nach den bestehenden Regeln besteht für die Euroländer das Risiko der Zahlungsunfähigkeit, was eine angemesse Reaktion auf eine schwere wirtschaftliche Krise verhindert.
Wiederherstellung der Währungsouveränität
Es wird jedoch zu zeigen sein, dass die Aussetzung des Stabilitäts- und Wachstumspakt in Kombination mit den Maßnahmen, die die EZB nach dem Ausbruch von COVID-19 ergriffen hat, die Mitgliedsstaaten auf ihren Status als souveräne Währungsemittenten zurückgehoben hat, die finanziell tun können, was immer nötig ist. Darüber hinaus scheint es, dass eine nationale fiskalpolitische Reaktion unter den aktuellen Bedingungen viel realistischer ist, als eine langwierige Diskussion über Corona oder Euro-Bonds zu führen, die zu ernsthaften politischen Problemen innerhalb der Eurozone führen würde. Die Ad-hoc-Änderungen der Regeln zeigen jedoch, dass die Eurozone auf wackligen Beinen steht. Daher ist mittelfristig eine umfassende Reform des makroökonomischen Regelwerks der Eurozone notwendig.
Bisher hat Deutschland stoisch auf das Verbot der (direkten und indirekten) Staatsfinanzierung durch die EZB und die 3%-Grenze für die Staatsverschuldung verwiesen. Seit Wolfgang Schäuble regiert im Berlin der Großen Koalition die schwarze Null. […]
Autor: Dirk Ehnts, Michael Paetz
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